Little Nightmares: Morbide Kuriositäten

Ein quälender Traum von einer furchterregenden Gestalt erweckt unsere kleine Protagonistin Six aus dem Schlaf. Bekleidet in einem strahlend gelben Regenmantel steigt sie aus einem Koffer und findet sich wieder in einem erdrückenden, metallenen Raum. Auf das „Warum“ hat sie noch keine Antwort, auf das „Wohin“ allerdings schon – in die Freiheit.

Little Nightmares ist ein Puzzle-Platformer im Stile von Limbo oder Inside, in dem der Spieler seine junge Heldin durch die Innereien eines surrealen Unterwasserkomplexes lenken muss. Mit einem Feuerzeug ausgerüstet liegt es nun an Six eine Vielzahl von düsteren Umgebungen zu durchqueren und lebend aus ihrem Gefängnis auszubrechen. Allerdings belasten nicht nur die in der Dunkelheit knarrenden Dielen oder die pfeifenden Rohre unsere von Alpträumen geplagte Psyche. Schnell trifft Six nämlich auch auf entstellte Figuren, die uns aus unerklärten Gründen nicht lebend gehen lassen wollen.

Little Nightmares Geschichte und Spielwelt sind gewollt unklar. Wer Six ist, warum sie hier ist und was der Hintergrund ihres Gefängnisses ist, sind Fragen die nie deutlich beantwortet werden. Die rund 3-4 Stunden Spielzeit von Little Nightmares vergehen so wie im Flug. Man ist stets motiviert mehr von diesem fürchterlichen Traum aufzudecken um in dessen makaberen Bildsprache Antworten zu finden. Was der Spieler findet sind morbide Szenen, die uns regelmäßig an die Hilflosigkeit von Six erinnern. Dieses Gefühl wird nur noch verstärkt durch die verschobenen Proportionen der Spielwelt, die unsere Wahrnehmung verzerren. Six‘ kindlicher Blickwinkel dient somit der thematischen Gegenüberstellung zu seiner vom Tode gekennzeichneten Umwelt.

Diesen visuellen Kniff macht sich Little Nightmares auch für sein Gameplay zu nutzen. Six erklimmt so zum Beispiel gigantische Möbel, muss Stühle verschieben um Türklinken zu erreichen oder springt über diverse Hindernisse. Leider sind diese Momente der größte Schwachpunkt von Little Nightmares. Die Jump’n’Run und Puzzle Einlagen reichen nämlich von wenig fordernd bis leicht frustrierend. Nicht selten steuerte ich Six in einen Abgrund, weil ich leichte Schwierigkeiten hatte die Tiefe der Welt einzuschätzen. Ist dann ein frustrierender Moment überstanden, durfte ich anschließend mühselig und träge eine Kiste verschieben um den nächsten Raum zu erreichen. Glücklicherweise sind diese Gameplaysequenzen kurz, selten und dienen letztlich nur als Überleitung zu den großartigen Aufeinandertreffen mit den Bewohnern des Komplexes.

Jedes Kapitel in Little Nightmares führt einen neuen Widersacher ein, die sich an Schrecklichkeit stets überbieten. So lauscht beispielsweise der blinde Hausmeister unseren Schritten und versucht Six mit seinen feingliedrigen Armen zu ergreifen. Unter der Nase dieser fleischgewordenen Grauen, gilt es stets zu schleichen um diverse Aufgaben zu erfüllen. Mal muss ein Schlüssel aus dem Zimmer eines schlafenden Wesens gestohlen werden und ein anderes Mal werfen wir Gegenstände in der Umgebung um eine der Gestalten von unserer Position abzulenken. Bemerkt eines dieser Monster unsere Anwesenheit, ergibt sich ein Spiel von Katz‘ und Maus, welches ein tiefes Unbehagen auslösen kann.

Little Nightmares ist nicht der gruseligste Horror, den es gibt. Es ist auch nicht das fordernste Jump’n’Run oder das cleverste Puzzle Spiel. Vielmehr kreiert es eine Spielwelt, die es schafft kindliche Neugier aufgrund von morbiden Kuriositäten zu erwecken. Die Folge davon ist eine Spannung, welche den Spieler motiviert die Reise der kleinen Heldin bis zum Ende verfolgen zu wollen.

Das Video-Review findet ihr auf meinen YouTube-Kanal.

Link zur Steam-Seite von Little Nightmares:
http://store.steampowered.com/app/424840/Little_Nightmares/

Link zur GoG-Seite von Little Nightmares:
https://www.gog.com/game/little_nightmares

Sara is Missing: Kitschiger Handy Horror

Handy-Spiele haben in der Videospielgemeinschaft oft den Ruf schädlich für traditionelles Gaming und Innovation zu sein. Es gibt eine Vielzahl von Spielen, die dies widerlegen. Sara is Missing von Kaigan Games ist ein Beispiel, wie das Format von Handy-Spielen eine ganz spezielle Atmosphäre und Spielerinteraktion bieten kann.

Sara is Missing versetzt den Spieler in die Rolle einer Person, welche das beschädigte Handy von Sara gefunden hat. Nach Wiederherstellung des Betriebssystems interagiert der Spieler mit der künstlichen Intelligenz IRIS und findet so heraus, dass die letzten Lebenszeichen von Sara darauf hindeuten, dass sie in Gefahr ist. Zusammen mit IRIS durchsucht der Spieler daraufhin E-Mails, Nachrichten, Videos und Bilder auf Saras Handy um die Hintergrundgeschichte Stück für Stück zusammen zu puzzeln. Dabei schafft es Kaigan Games die Geschichte trotz einiger vorhersehbaren „Trash-Horror“-Elemente in ein Paket zu schnüren, dass den Spieler dazu animiert tief in die Privatsphäre von Sara einzutauchen um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Dies schafft Sara is Missing vor allem durch die grandiose Präsentation, die die Spielwelt zu einem „echten“ Mobiltelefon macht. Die FMV-Sequenzen, Bilder und Textnachrichten von Sara und ihren Freunden verleihen dem Spiel dabei ein einzigartiges Spielgefühl.

Das Horrorgenre spielt oft mit den Erwartungen seines Publikums, indem es Elemente aus dem echten Leben packt und diese auf eine mysteriöse und/oder bedrohliche Art und Weise darstellt. Eine knarrende Tür, der flüsternde Wind oder – wie in Sara is Missing – eine zu menschliche künstliche Intelligenz, spiegeln bekannte Elemente plötzlich in einem beunruhigenden Licht wider. Sara is Missing bietet keine bahnbrechende Horrorgeschichte. In Wirklichkeit ist der Plot etwas kitschig und klischeebeladen. Die Verpackung und die Art und Weise, wie dieser Plot erzählt wird, ist allerdings was Sara is Missing besonders macht. Dadurch, dass ich als Spieler nach und nach die Elemente aus dem Telefon einer verschwundenen Person herausziehe, fühle ich mich weit mehr betroffen als es in einem Horrorfilm möglich wäre.

Wer einen Eindruck von der PC-Version von Sara is Missing bekommen möchte, findet mein Video dazu auf meinem YouTube-Kanal.

Sara is Missing ist allerdings auch auf iOS und Android verfügbar und sollte auch bevorzugt auf dieser Platform gespielt werden. Mehrere Durchgänge sind zu empfehlen, da Sara is Missing dem Spieler Freiheiten in seinen Entscheidungen bietet, die zu unterschiedlichen Dialogoptionen und Enden führen können.

Titel: Sara is Missing

Entwickler: https://kaigangames.com/#post-89

Downloadlinks:

PC https://saraismissing.itch.io/sim

Android https://play.google.com/store/apps/details?id=com.accurve.game23

iOS https://itunes.apple.com/my/app/sara-is-missing/id1181038779?mt=8&ign-mpt=uo%3D8