Mein Senf zu #Zelda:BotW

Endlich bin ich soweit zu sagen, dass meine Geschmackspalette wieder frei für andere Spiele ist. Ich habe mich nach fast 65 Stunden satt gespielt und bin bereit für neue virtuelle Erlebnisse. Dieser Blog-Eintrag dient also für mich auch als Abschluss mit der Welt von Hyrule. Ich versuche Spoiler weitestgehend zu vermeiden, denn das individuelle Abenteuer und die Entdeckung der Spielwelt ist eine zentrale Komponente von Zelda:BotW. Vorweg aber schon mal gesagt: Zelda:BotW gehört für mich zu einem der besten Videospiele, die jemals erschienen sind.

Keine Liebe auf den ersten Blick

Ich habe das neue Zelda auf der Wii U gespielt und meine ersten 15 Minuten im Spiel waren sehr negativ. Ich wusste, dass es technisch nicht ganz auf der Höhe ist, aber autsch… Eine niedrige Framerate oder matschige Texturen stören mich normalerweise nicht so sehr. denn, ich habe jahrelang auf einem schlechten PC gespielt und meine Augen so mit wirklich ekligen Bildern abgehärtet. Aber von Nintendo war ich in der Vergangenheit ein gewisses Level an Politur gewöhnt, die mir in Zelda anfangs sehr gefehlt hat. Die Framerate Einbrüche waren zu Beginn ein Schlag ins Gesicht und haben mein Interesse die Welt zu erkunden zunächst gemindert. Dies bereitete mir Sorgen, da schnell deutlich wurde, dass die Welt riesig ist. Zum Glück aber, hatte ich unrecht.

Übertroffene Erwartungen

Heutzutage schaue ich mir wenige Trailer oder Gameplay Videos vorab an. Eine grobe Beschreibung des Genres und ein Blick auf die Vergangenheit der Franchise liefern oft ein deutlicheres Bild als geschöntes Marketing Material. Als ich hörte, dass Zelda ein Open-World Spiel (mit Türmen, die es zu erklimmen gilt) wird, wusste ich nicht was ich erwarten soll. Nintendo ist nämlich sehr scheu wenn es darum geht etablierte Genre- oder Videospielkonventionen anzunehmen. Und jetzt ist ihr „Elevator Pitch“ derselbe den Skyrim bereits vor Jahren nannte: „See that mountain? You can go there.“ Auf Papier klingt diese Formel also sehr altbacken.

Was Hyrules Berge und Türme allerdings so sehr von allen anderen offenen Spielwelten abhebt, ist das sie einen Grund haben zu existieren. Zu oft werden riesige Spielwelten einzig und allein dafür gebraucht um dem Spieler einen Tiefgang vorzugaukeln, den es nicht gibt. Die Spielwelt in Zelda:BotW ist groß…sehr groß sogar. Und Nintendo hat es geschafft diese Größe mit soviel Leben und Abenteuern zu füllen, dass sich der Tiefgang schier unendlich anfühlt.

See that mountain? You can go there.Zelda: BotW erfindet diese Formel neu, indem es dem Spieler an jeder Ecke kleine Rätsel und große Abenteuer bietet, die einen dazu animieren tatsächlich jeden Berg besteigen zu wollen.

Die Interaktion aller Systeme

Zelda: BotW ist ein solch radikaler Umschwung der Zelda Franchise, dass es schier unfassbar ist, dass das Spiel von Nintendo selbst kommt. Alle Gameplay Traditionen wurden über den Haufen geworfen um Platz zu machen für die Neuerfindung etablierter Videospielnormen. Der Spieler bekommt nach nur kurzer Spielzeit alle Fähigkeiten, die er für das gesamte Spiel benötigt. Allerdings werden diese nicht erklärt. Das Spiel vertraut darauf, dass der Spieler diese selbst meistert.

Tutorials finden subtil im Gameplay statt, was zur Folge hat, dass jeder Spieler seine individuellen Geschichten erzählt. Früh im Spiel fand ich einen Schrein, der von mir verlangte, dass ich ein Objekt einfriere und durch Schläge kinetische Energie speichere, sodass das Objekt anschließend weg geschleudert wird. Stunden später fand ich mich auf einer Insel wieder, die eine ganz eigene Herausforderung bot. Ich stand dann im Kampf gegen einen Zyklopen, dem ich weit unterlegen war. Aber hey, ich habe gelernt, dass ich Objekte mit kinetischer Energie schleudern kann. Also rollte ich ein paar Steine herum und besiegte den Zyklopen letztlich nicht durch starke Waffen, sondern durch geschicktes Einsetzen von gelernten Mechaniken.

Geschichten wie diese gibt es in Zelda: BotW hundertfach: Im Kampf mit einem Feuerschwert, setzte ich aus Versehen das Gras unter mir in Brand. Nach kurzer Panik sah ich, dass das Feuer einen Aufwind erzeugte. Also schwupp in die Luft und Pfeilhagel auf die Gegner unter mir. Bestimmte Gegenstände lassen sich an anderen Objekten befestigen um diese Schweben zu lassen. Ich wollte über eine Schlucht und sah in meinem Inventar diese Ballons. Also hey, warum baue ich mir nicht ein Luftschiff? Also ab zum nächsten See auf ein Floss, Ballons dran und ab über die Schlucht.

Keine dieser Interaktionen war so gewollt, aber die unterliegenden Systeme erlauben für diese Erlebnisse und belohnen den Spieler für seine eigene Kreativität. Selbst wenn es schief geht und man sich plötzlich vor einem viel zu starken Feind wiederfindet ist das nicht schlimm, denn das wird zu einer neuen Herausforderung. Man weiß, dass  alles in der Spielwelt denselben Regeln folgt. Dies führt dazu, dass nicht nur das Spiel einen konstant überrascht, sondern dass der Spieler sich selbst konstant überrascht. Auf diese Weise entstehen unzählige individuelle Geschichten und Abenteuer (relevant dazu auch meinen Gastartikel auf Spielkritik.de).

Link war immer ein Held ohne Stimme, da er eine Repräsentation des Spielers sein soll. Mit Breath of the Wild liefert ein Zelda-Spiel nun auch endlich ein Gameplay, der diese Identität unterstreicht.

Das ist noch nicht alles

Zelda: Breath of the Wild nimmt sich Elemente von Survival und Open-World Spielen und mixt diese auf eine Art und Weise, welche sich „neu“ anfühlt. Es ließe sich endlos über das Design, die Grafik und die Gameplay-Elemente diskutieren, allerdings würde hier immer noch etwas in der Argumentation fehlen. Zelda: BotW bietet ein Gefühl, welches mir zuletzt nur Dragons Dogma oder in kleinerem Ausmaß Far Cry 2 geboten hat. Der Spieler hat eine Präsenz in der Spielwelt, die vielen andere Videospielen fehlt. Wir steuern nicht nur einen Avatar, wir tauchen noch tiefer in die Spielwelt ein. Hier ein Beispiel:

Ein wichtiges Design-Merkmal in Zelda ist die Topografie der Spielwelt. Überall gibt es Aussichtsplattformen und Berge, die rein visuell ansprechend sind. Wenn man denkt etwas sieht interessant aus, ist es meist auch interessant. Als Spieler habe ich nie eine Liste abgearbeitet, sondern durfte die Welt organisch entdecken. Auf einer meiner Reisen durch die Spielwelt wollte ich einen Berg erklimmen. Auf halber Strecke begann es allerdings zu regnen. Regen macht Klettern fast unmöglich, was viele als Negativpunkt argumentieren. Auch mich hat es in diesem Moment gestört, dass ich meine Reise nicht so schnell fortsetzen konnte, wie ich wollte. Aber dann wurde mir der Grund für diese Mechanik klar. Ich rutschte, durch den Regen bedingt, wieder den Berg herab und begab mich auf die Suche nach einem anderen Weg zur Spitze. Der Regen wurde aber immer stärker und es begann auch noch zu gewittern, weshalb ich mich doch dazu entschloss Unterschlupf zu finden um einfach abzuwarten, bis ich weiter klettern darf. Plötzlich tauchten Feinde auf, die mich aus meinem Unterschlupf vertreiben wollten. Ich hatte noch keine guten Waffen, weshalb ich nach kurzem Gerangel die Beine in die Hand nahm. Ich blickte zurück und sah kleine Blitze bei einem der Feine auftauchen – er hatte eine Metall Waffe in der Hand und ein Blitz schlug in ihn ein. „Wieder etwas über die Welt gelernt.“, dachte ich als ich zu einen nahe gelegenen Stall spurtete um dort in Sicherheit Rast zu machen. Ich folgte keiner „Quest“ und ich wurde auch nicht linear durch ein Ereignis gelotst. Das Spiel hat mir ganz organisch ein kleines Erlebnis geboten, dass nur ich hatte. Ich hatte mein eigenes Abenteuer.

Ein neuer Standard für Action-Adventure

Das Wort Abenteuer hat in Videospielen für mich mit den Jahren sehr an Bedeutung verloren. Zu mechanisch und zu durchschaubar wurden die Blaupausen der AAA-Videospiele. Breath of the Wild haucht aber genau diesem Begriff neues Leben ein. Die Schnellreise-Funktion in Breath of the Wild erlaubt es dem Spieler nicht direkt in Städte zu teleportieren. Immer ist man ein Stück weit weg und sieht sein Ziel in der Entfernung. Dies ist gewollt, denn als Abenteurer zählt die Reise mehr als das Ziel.

Das ausgerechnet Nintendo, nicht nur eine seiner größten Franchises total über den Haufen wirft, sondern gleichzeitig auch alle anderen Genre-Verwandten etwas vormacht, habe ich in dieser Art und Weise vorher nie erwartet. Zelda: BotW setzt neue Standards für Open-World Spiele und dem Design von riesigen Spielwelten. Natürlich hat auch dieses Spiel Mängel und ich hätte es gerne auf einer technisch besseren Konsole gesehen, allerdings verblassen diese Argumente im Vergleich zu dem was Breath of the Wild für mich zu einem Meilenstein in der Videospielgeschichte macht.

 

Mein Senf zu #Nostalgie

Nach 120 Schreinen, 110 Krog-Samen und 64 genialen Stunden in Zelda: Breath of the Wild bin ich noch immer dabei meine Gedanken zu dem Spiel zu sortieren und mein Schlussfazit zu schreiben. Wenn alles gut läuft gibt es das morgen auf meinem Blog. Woran ich während meiner Spielzeit allerdings immer denken musste, waren meine ersten Erfahrungen mit Videospielen. Ich bin damit nicht allein, wenn man die Online-Diskussionen mitverfolgt.

Das Gefühl von Entdeckung und das Austauschen mit anderen Spielern, die über Geheimnisse in der Spielwelt tuscheln, bot ein Spielerlebnis, dass ich länger nicht mehr erlebt habe. Zelda: Breath of the Wild hat das Nostalgiezentrum in meinem Gehirn stark getroffen und mich an Zeiten erinnert, in denen ich einen Schulfreund anrufen musste, wenn ich nicht wusste wie es in einem bestimmten Spiel weiter geht. Jede einzelne Stunde in Hyrule bot eine neue Entdeckung oder ein neues Rätsel das es zu lösen galt. Viele Spieler in Online-Foren schreiben das der Nostalgie zu und meinen, dass das neue Zelda nur des Namen wegen zu hoch belohnt wird.

Und das kann ich verstehen, denn auch ich mag ich viele Gameplay-Elemente im neuen Zelda nicht so sehr. Auch an die Zelda Serie als Gesamtes habe ich keine große emotionale Bindung. Das originale NES Zelda finde ich zu kryptisch, Zelda II zu langweilig, A Link to the Past ist gut, der 3DS „Reboot“ allerdings besser, Ocarina of Time war mein erstes Zelda, Majoras Mask mochte ich damals nicht, Wind Waker war sehr gut, Twilight Princess ist zu vergessen, Skyward Sword war langweilig und die Mobile-Ableger interessieren mich bis auf eine Ausnahme nicht sonderlich. Dennoch konnte ich die Nostalgie in Zelda: Breath of the Wild spüren. Es war deutlich zu erkennen, dass das Spiel ein spezielles Gefühl von Entdeckung und Abenteuer erwecken wollte, dass viele Videospieler in Zeiten von Händchen haltenden Tutorials sehr vermissen. Dieses Gefühl von Nostalgie, ein Stück aus der Vergangenheit erneut erleben zu dürfen, ist stark und wirft oft jede Objektivität (wenn es das bei Videospielen überhaupt gibt) aus dem Fenster.

Nostalgie und Videospiele gehören seit Jahren fest zusammen. So sehr, dass selbst Nintendos Marketingstrategie immer wieder auf die sepia gefärbten Herzen seiner Fans abzielt. Oft habe ich das Gefühl, dass wir als Videospieler zu sehr an unseren alten Flammen festhalten. Als ob diese für immer verschwinden würden, wenn wir sie in Online-Foren nicht permanent auf ein Podest heben und sie auf Platz 1 unserer „All-Time Favorites“ setzen. Irgendwie können wir nicht loslassen und irgendwas bindet uns an unsere Shenmues, Power Stones oder sonstigen vergessenen Perlen.

Damit ist im Prinzip auch nichts verkehrt. Aufgrund dieser Verbindung von Videospiel und Nostalgie gibt es erst Spiele, die noch in der heutigen Zeit eine bestimmte Ära erwecken wollen. Shovel Knight ist ein Beispiel wie man dies erfolgreich schaffen kann. Die Kehrseite allerdings, ist zum einen der überlaufende Steam-Shop, in dem Entwickler mit wenig Mühe die Nostalgiekuh melken wollen. Zum anderen werden uns auch regelmäßig neue Teile einer bestehenden Franchise präsentiert, die uns versichern wollen, dass dieser neue Teil, tatsächlich die Qualität des Originals erreichen soll. Sonic ich schiele zu dir…

Unsere rosarote Brille in die Vergangenheit kann also der Effekt von erfolgreichem Marketing sein. Weil Nintendo sagt, sie hätten sich am Original orientiert, fühlen wir auch unterbewusst was sie damit meinten wenn wir den neuesten Ableger spielen. Aber es ist nicht das Marketing alleine, das uns beeinflusst. Es liegt an uns, denn wir sind empfänglich für solche Gefühle. Nur deshalb kann das Marketing überhaupt erfolgreich sein.

Warum wir also empfänglich sind für solche Gefühle, ist was mich in meiner Spielzeit von Zelda: BotW beschäftigt hat. Ich möchte Zelda in meinem Schlussfazit nicht aus Nostalgiegründen loben, da ich das Gefühl habe, dass das dem Spiel nicht gerecht wird. Denn auch neue Spieler können Spaß an diesem Spiel haben. Gleichzeitig kann ich dieses Gefühl aber auch nicht los lassen, denn wer von seinen nostalgischen Gefühlen los lässt, vernachlässigt die Argumente, die sein Lieblingsspiel in der Vergangenheit erst zum Liebling gemacht haben.

Also was ist mein Senf zu #Nostalgie nun? Auf der einen Seite ist es eine schöne Erinnerung oder ein schönes Gefühl an sorglosere Zeiten. Auf der eine anderen Seite aber auch ein Marketingwerkzeug, dass genau dieses Gefühl ausnutzen möchte. Es ist also schwierig abzuwägen, was was beeinflusst und wieso wir Nostalgie so stark spüren. Allerdings komme ich nach Überlegen am Ende eigentlich nur zu folgender Schlussfolgerung:

Nostalgie ist eine Erinnerung an einen Moment oder ein Gefühl, welches über Jahre bei uns geblieben ist. Kein Moment bleibt solange in unseren Erinnerungen, wenn es nicht ein bedeutsamer war. Wenn wir also an unsere Lieblingsspiele denken und sie in den Himmel loben, ist das kein lebloser Marketingeffekt. Wir loben sie weil sie gut waren und weil sie in einem Moment in unser Leben kamen, in dem wir etwas Gutes brauchten. Und auch wenn der Moment in denen wir sie brauchten mit der Zeit immer weiter nach hinten fällt, bleibt er uns in der Zukunft für immer positiv in Erinnerung.

Nostalgie ist also nichts schlimmes, keine Manipulation des Marketings. Im Gegenteil: Nostalgie ist vielmehr ein persönlicher, emotionaler Katalysator, welcher unsere Leidenschaft nur weiter vorantreibt.