Die Qual der Wahl

Sind Geschichten in Videospielen nicht wahnsinig gut geworden in den letzten Jahren? Während wir früher einige wenige stille Bilder plus Text anschauen durften, erhalten wir heute bombastische Cutscenes und wählbare Dialogoptionen, die den Gang der Geschichte veränderen. Letzteres erlaubt uns die Rolle eines Charakters zu übernehmen und ihm den Charakter zu geben, den wir in ihm sehen. Es gibt soviele Möglichkeiten ein Spiel wie Mass Effect, Deus Ex oder aktuell Pyre zu spielen. Mit Telltale gibt es in der Industrie sogar ein ganzes Studio, das sich auf diese Art von Spiel konzentriert hat. Zig Entscheidungsmöglichkeiten, die jede Art von Spieler in seinen Rollenspielwünschen befriedigt.

Na ok, das ist vielleicht etwas zu optimistisch. Denn eine Vielzahl von Entscheidungen und Wendepunkten in einer Geschichte bringen nicht nur erzählerische und entwicklungstechnische Probleme mit sich. Sie können uns als Spieler manchmal sogar Angst einjagen. Immerhin will man ein Spiel nicht verlieren, sondern gewinnen. Es muss also eine richtige Entscheidung geben.

Entscheidungsangst durch Übersättigung

Nicht nur in Videospielen ist es so, dass wir uns möglichst viele Entscheidungen wünschen. Die allermeisten Entscheidung, die wir treffen, bewerten wir auf Basis von unseren persönlichen Idealen, Bedürfnissen, sozialen Normen und Wünschen. Dabei ist es nicht zwingend wichtig um was für eine Entscheidung es sich handelt. Sei es der Kauf eines Autos, das Essen von zuviel Süßigkeiten oder das Leisten von Überstunden. In allen Fällen bewerten wir die Situation anhand von internen (Idealen) und externen Faktoren (Normen) und kommen letztlich zu einem Ziel das uns in unserem inneren Glauben bestärkt. Eine gute Entscheidung bestätigt uns als Person und lässt uns Wohl in unserer Haut fühlen.

Andererseits treffen wir nicht immer eine gute Entscheidung. Irrationale Entscheidungen, die wir später Bereuen gehören ebenso zum Menschsein. Diese irrationale Entscheidungen bewirken genau den gegenteiligen Effekt. Wir beginnen zu Zweifeln an unserer Person. Wem ist noch nicht vor dem Schlafengehen ein peinlicher Moment aus der Vergangenheit eingefallen, der uns innerlich zusammenzucken lässt: „Wie konnte ich nur?!“. Interessanterweise neigen wir zu irrationalen Entscheidungen wenn wir ein Zuviel an Optionen erleben. Es tritt dann die Entscheidungsmüdigkeit ein. Diese Müdigkeit hat mehrere Effekte auf unseren Geist. Nicht nur leidet unser Abwägungsvermögen darunter, sondern sie kann dazu leiten, dass wir Entscheidungen komplett aus dem Weg gehen. Jeder kann sich das anhand einer Speisekarte vorstellen. Bietet das Restaurant nur eine Handvoll Gerichte an, fällt unsere Entscheidung schnell. Ist sie allerdings voll mit Mahlzeiten aus der ganzen Welt, dauert der Entscheidungsprozess weit länger und lässt uns unter Umständen komplett auf das jeweilige Restaurant verzichten. Müssen wir also zu viele interne Abwägungen treffen, schwächt dies unsere Willenskraft unseren ursprünglichen Plan durchzuführen.

Aber was hat das ganze mit Videospielen zu tun? Nun ja, moderne Videospiele bieten eine Illusion von Freiheit, indem sie uns entweder in schwierige Situationen bringen, die große Entscheidungen nötig haben oder uns Unmengen von Nebenaktivitäten bieten, die uns ebenso viele kleine Entscheidungen treffen lassen.

Die Angst zu Versagen

Besonders anfällig für eine Übersättigung an Nebenaktivitäten sind moderne Open-World Spiele. Sie versprechen Freiheiten für den Spieler, wie kein anderes Spiel zuvor. Eine riesige Welt liegt uns hier zu Füßen, die es zu erkunden gilt. Dörfer, Städte, Wälder und Felder sind voll gepackt mit kleinen und größeren Aufgaben, die jede Art von Spieler bei der Stange halten sollen. Durch die schiere Masse an Aktivitäten wird gewährleistet, dass für jeden Spieler etwas dabei ist. Damit geht allerdings auch einher, dass für die meisten individuellen Spieler ein großer Prozentsatz des Inhalts aus Dingen besteht, die ihn eher abstoßen. Inwiefern diese Erschöpfung sich auf den Spieler und das Gameplay auswirkt, hat Nora Beyer in ihrem Gastartikel auf Spielkritik.com wunderbar beschrieben. Ich möchte daher, nicht weiter auf dieses Thema eingehen.

Anstelle von großen Welten mit einer Vielzahl an Aufgaben, haben Spiele mit gegenteiliger Struktur ähnliche Probleme. Nehmen wir die Adventure Serien des Entwicklers Telltale zur Hand.

Telltale hat sich, wie kein andere Entwickler, darauf festgelegt in erster Linie interaktive Geschichten zu erzählen. Diese Spiele sind klein in ihrem Ausmaß und linear in ihrer Struktur. Die Entscheidungen des Spielers spielen aber eine Zentrale Rolle. Um trotz dem relativ geringem Umfang, den Spielern dennoch eine Illusion von Freiheit vorgaukeln zu können, legen diese Spiele Wert auf wenige, aber dafür große, Entscheidungen mit viel Gewicht. Mit welchen Charakter ich ich in den ersten Stunden befreunde, könnte später im Spiel über Leben und Tod eines anderen entscheiden. Über die Qualität und tatsächliche Freiheit dieser Entscheidungen lässt sich streiten, aber der Kern ist, dass sie die Funktion erfüllen den Spieler unter Druck zu setzen. Immerhin schlüpfen wir in die Rolle von Charakteren, die sich in Ausnahmesituationen befinden. Wenn der Spieler auch nur einen Hauch dieses Drucks durch das Gameplay vermittelt bekommt ist das förderlich für die Immersion in die Handlung. Treffen wir eine Entscheidung, die wir bereuen, zahlen wir dafür womöglich einen bitteren Preis: Die Geschichte entfaltet sich nicht so, wie wir es uns eigentlich gewünscht haben. Für manche Spieler ist das sicherlich auch ein Anreiz. Zu spüren, dass Entscheidungen definitiv und Resultate auch negativ sein können ist eine interessante Konfrontation mit seiner eigenen Person und seinen Idealen. Das Problem für mich an diesem Effekt ist, dass die Entscheidungen leider nicht wirklich definitiv sind. Es ist immerhin ein Videospiel. Ich kann einfach den letzten Spielstand laden und meine Entscheidung anpassen. Das mindert den Spielspaß, da es den Fluss der Geschichte unterbicht und man so die Fäden im Hintergrund besser zu Gesicht bekommt. Meine persönliche Angst, etwas zu verpassen und das Spiel nicht auf die „beste“ Art und Weise durchzuspielen hindert mich aber oft daran, diverse Entscheidungen zu akzeptieren. Wenn ich nicht das „beste“ Ende zu Gesicht bekomme, habe ich als Spieler nämlich versagt.

Entwicklerstudio Dontnod, hat mit Life is Strange genau dieses Problem angepackt. Die Protagonistin Max Caulfield, erhält zu Beginn des Spiels nämlich die Fähigkeit, die Zeit manipulieren zu können. Dies ist nicht nur die Prämisse für eine Donny Darko / Butterfly Effect ähnliche Geschichte, sondern erlaubt clevere Gameplaymechaniken, die mit meiner Angst vor Entscheidungen spielen. Das Spiel läuft ähnlich linear wie ein Telltale Adventure ab und wird nur selten durch kleine Erkundungsszenen unterbrochen. Der Großteil aller Entscheidungen in Life is Strange lässt sich aber direkt nach dem Wählen wieder rückgängig machen. Die Folge ist, dass ich in jeder Situation alle Möglichkeiten genau betrachten und abwägen kann. Als Spieler wird mir hier der Zeitdruck genommen und ich erhalte die Möglichkeit alle Szenarien genau zu überdenken. Die Übersättigung an Entscheidungen und mein Drang lieber keine, als eine schlechte zu treffen wird mir so genommen und ich kann mich voll auf die vorliegende Geschichte konzentrieren. Stärker noch, Dontnod spielt mit dieser Sicherheit, die uns unsere Fähigkeit gibt und lehrte sowohl Max Caulfield, als auch mir, dass nicht alle Entscheidungen eine richtige Antwort haben müssen.

Die Angst im Spiel zu versagen, sagt womöglich mehr über mich aus, als über alles andere. Life is Strange war allerdings eine besondere Lehre. Denn obwohl ich in Ruhe über alle Entscheidungen nachdenken konnte, entschied ich zum Schluss des Spiels schlicht aus dem Bauch heraus und war damit zufrieden. Die Lehre die ich zog war, dass ich Entscheidungen so hinnehmen muss wie sie sind. Selbst mit Zeitreisekräften, sind wir als Menschen nicht unfehlbar. Es gibt keine „richtigen“ oder „falsche“ Entscheidungen, sondern nur Entscheidungen. Ob Videospiel oder echt, sollte man tun was sich richtig anfühlt, anstelle in Zweifeln und Überlegungen zu ertrinken.

Die Wörter des Tages für Projekt August waren: accidental, loser

Just Feel: Sex in Videospielen

Durch das kürzlich erschienene Mass Effect: Andromeda ist die Debatte um Sex und dessen Darstellung in Videospielen wieder etwas entfacht. Die Mass Effect Serie bzw. der Großteil der Spiele des Entwicklerstudios Bioware waren schon immer Videospiele, die großen Wert auf die Charakterisierung und Vermenschlichung ihrer virtuellen Figuren gelegt haben. Sie wollten erreichen, dass die Spieler eine emotionale Bindung mit ihren Charakteren aufbauen. Die persönliche Geschichte zwischen virtuellen Charakteren und dem Spieler führt dann am Ende oftmals zu körperlicher Intimität. Aber die Art und Weise wie Mass Effect und Videospiele im Allgemeinen diese Intimität behandeln, wirkt auf mich oft sehr gestelzt und steht stark im Kontrast zu der grandios ausgeführten restlichen Geschichte des jeweiligen Spieles. Aber warum ist das so?

Vorneweg gesagt, ich möchte mit diesem Text die Sex-Szenen diverser Spiele nicht herunterziehen. Sie stören mich auch nicht auf einem persönlichen Level. Im Gegenteil: Sie machen ja auch irgendwo Spaß und dienen oft als eine Gameplay-Belohnung für eine abgeschlossene Quest-Reihe. Wenn ich in Mass Effect also Sex mit einem Alien haben darf, weil ich während meiner Spielzeit immer die „richtigen“ Antworten gegeben habe ist das prima und amüsierend wenn die Szene dann in solch einem Beispiel endet:

Worauf ich mit diesem Text eher aufmerksam machen möchte, ist die Albernheit der Mechaniken und der visuellen Darstellung, die hinter Sex-Szenen in Videospielen stehen.

Videospiele sind wahnsinnig gut darin bestimmte Konzepte und Systeme in abstrakter Form darzustellen. Sie können dem Spieler eine andere Identität geben und ihn tiefer in die dargestellte Geschichte eintauchen lassen, als es in einem anderen Medium möglich wäre. Aber wenn es um Sex geht scheitern sie ständig. Meiner Meinung nach kommt dieses Scheitern unter anderem dadurch, dass Videospiele mit Sex explizit und realistisch sein wollen, anstatt das dahinterliegende Gefühl und eine gewisse Ästhetik zu abstrahieren.

Es gibt hierfür unzählige Beispiele: GTA, Fahrenheit, Heavy Rain, God of War, Duke Nukem, The Witcher usw. Alle Spiele stellen Sex in einer Art und Weise dar, die zwar amüsierend ist, allerdings Elemente wie Flirten, Verführung, Spannung, Klimax, Fürsorge und Intimität in einer Beziehung, vernachlässigen. Für diesen Text bleibe ich aber zunächst bei Mass Effect. Mass Effect im speziellen leidet nämlich unter dieser expliziten Darstellung, da die Motivationen der Charaktere und deren Beziehung zueinander weitestgehend sehr ausgereift ist und Schwarz/Weiß Denken vermeidet. Nur wenn es dann um Sex geht, verkommt diese Reife dann zu einer binären Dialog-Auswahl. Natürlich sind Zeit, Geld und Ressourcen oftmals der Grund für diese Vernachlässigung. Es ist schließlich viel simpler und für den durchschnittlichen Spieler interessanter, diesen Aufbau einer Beziehung hinter einer Loyalitäts-Mission zu verstecken, die unter anderem auch mindestens einen Kampf gegen böse Aliens beinhaltet.

Eine virtuelle Beziehung als realistisch darzustellen ist schwierig, das ist mir klar. Viele, vor allem japanische, Videospiele versuchen dem mit sogenannten „Skinship“ Spielen entgegenzuwirken. Ein bekanntes Beispiel für solche „Skinship“-Elemente, aus kürzlich vergangener Zeit, ist Fire Emblem: Fates. In Fire Emblem für den 3DS drückt der Spieler mit seinem Stylus auf dem Bildschirm um Kontakt mit seinem virtuellen Beziehungspartner zu bekommen. Ob diese Mechanik zum Ziel führt, ist für mich persönlich fraglich. Dennoch ist es ein Anfang eine Sprache zu finden, die Intimität in Videospielen ausdrücken kann. Im Vergleich zu Mass Effect besteht hier immerhin ein gewisser Grad von Betroffenheit und Integration des Spielers zu seiner virtuelle Identität.

Die Schwierigkeit Sex auf eine subtile Art und Weise in einem Medium darzustellen ist nicht ein Videospiel-exklusives Problem. In Videospielen wird dies allerdings verstärkt, da sie traditionell eher von jüngeren Menschen konsumiert werden. Mit dem Reifen des jungen Mediums und der Industrie als Gesamtes, sollte aber früher oder später ein Weg gefunden werden um auch dieses Thema darzustellen, ohne das Spieler kollektiv die Augen rollen oder in sich hinein kichern müssen. Betrachten wir nämlich Filme als Medium. Ebenso wie in Videospielen, ist auch Sex in Filmen nicht realistisch. Aber das muss es auch nicht sein, denn das Medium Film hat über die Jahre eine Bildsprache entwickelt, die unsere Erwartungshaltung von realistischem Sex austrickst und auf eine abstrakte Art und Weise den Inhalt wiedergibt ohne explizit zu sein.

Ein Videospiel, dass ich kürzlich entdeckt habe ist Just Feel. Es ist ein Projekt von 7 Studenten, die die Thematik von Sex auf eine Quintessenz abstrahiert haben. Hier ist die Spielwelt, in der man sich bewegt ein weiblicher Körper. Der Spieler steuert eine Hand, die bestimmte Zonen auf dem Körper streichen muss um sie zu „aktivieren“. Als Feedback wird der Spieler mit Vibration des Controllers belohnt. Natürlich ist diese Darstellung von Sex schwierig mit der von Mass Effect zu vergleichen, da der Hauptfokus von Mass Effect nicht auf dem Sex selbst liegt. Allerdings lehrt uns Just Feel etwas über den Vorteil von Abstraktion gegenüber Realität. Das abstrakte Gameplay in Just Feel gibt dem Spieler nämlich ein weit intimeres Feedback mit der Spielwelt als es Mass Effect kann. Sex wird in Just Feel nämlich nicht als Gameplay-Belohnung oder amüsierendes Mittel explizit gezeigt, sondern es versucht den Spieler die körperliche Spannung und Intimität als Teil von Sex fühlen zu lassen.

Große Spiele wie Mass Effect streben stets nach Realismus und glaubwürdigen Charakteren und Beziehungen. Solche Spiele laufen aber Gefahr sich von dem Realismus gefangen halten zu lassen. Videospiele haben es nicht nötig alle Facetten menschlicher Beziehungen realistisch darzustellen. Sie haben aber die Möglichkeit intime Momente in abstrakter Form zu zeigen und den Spieler teilhaben zu lassen, sodass der Effekt auf den Spieler größer ist als es mit visuell expliziten Realismus jemals möglich wäre. Realismus und Abstraktion sind also Werkzeuge für Videospiele um eine Geschichte zu erzählen. Es muss sich dabei nicht für eine Seite entschieden werden, sondern beiden können gezielt eingesetzt werden um eine Sprache zu finden, die Spieler verstehen und fühlen können.

Wie diese Sprache letztlich aussieht, weiß ich nicht. Es ist aber nötig zu erkennen, dass Realismus in Videospielen auch seine Grenzen hat. Ich hoffe für die Zukunft, dass unter anderem Bioware aus dem Feedback seiner Spieler lernt und menschliche Beziehungen auch in ihren intimsten Momenten glaubhaft zeigen kann. Nur dann können Videospiele als Träger einer glaubhaften und erwachsenen Geschichte weiter wachsen.

Eine Zusammenfassung von diesem Text mit visueller Untermalung von Just Feel, findet ihr auf meinem YouTube Kanal:

Downloadlink Just Feel:

https://amelieby.itch.io/just-feel

 

Kona: Überleben im 70er Jahre Krimi

Kona ist der erste Ableger eines mehrteiligen narrativen Adventures des kanadischen Studios Parabole. Im Rahmen einer Kickstarter Kampagne erstellten sie ein Videospiel, dass in erster Linie eine Geschichte erzählen möchte. Das Gameplay orientiert sich dabei an Spielen wie Firewatch, Gone Home oder Dear Esther. Der Fokus des Spielers liegt also auf der Erkundung der Welt und dem Finden von Hinweisen, welche die mysteriösen Umstände des Falles von Privatdetektiv Carl Faubert nach und nach erklären. Der Haken an der Sache ist allerdings, dass Kona sich auch Elemente des Survival-Genres zu nutzen macht. Neben reiner Erkundung muss der Spieler auch Ressourcen sammeln, die ihm beim Überleben in der kalten Wildnis Quebecs helfen.

Konas Geschichte spielt in den 70er Jahren, dessen Ästhetik sich durch das gesamte Spiel zieht. Angefangen bei der Schriftart, welche Kriminalfilmen der Ära ähnelt, über die kanadische Folkmusik der Band Curé Label, bis hin zur Einrichtung verlassener Häuser im ländlichen Kanada. Begleitet wird der Spieler von einem allwissenden Erzähler, der sowohl in englischer, als auch französischer Sprache die Ereignisse im Spiel kommentiert.

Der Fall, den unser Protagonist von einem lokalen Einwohner angenommen hat, dreht sich um Vandalismus. Es ist ein Fall den Faubert unter normalen Umständen nicht annehmen würde. Da das Geld allerdings stimmt, kann er auch nicht Nein sagen. Wie zu erwarten steckt allerdings mehr dahinter, als zu Beginn angenommen wird. Der Fall von Vandalismus wird schnell zu einem mysteriösem Mordfall. Nachdem Faubert in einen Autounfall verwickelt wird, wacht er in einem starken Schneesturm wieder auf und muss sich zu einer nahe gelegenen Hütte kämpfen. Genau hier starten die Survival-Elemente von Kona. Der Spieler sucht nach Ressourcen, die ihn warm halten, seine Verletzungen heilen und sein Auto wieder zum Laufen bringen.

Bewaffnet mit einer Karte, einer Kamera und einer Taschenlampe ist es nun die Aufgabe des Spielers das Rätsel des Mordfalles zu lösen. Die Freiheit, die dem Spieler dabei geboten wird, ist für dieses Genre sehr bemerkenswert. Mit seinem Auto kann der Spieler (fast) überall in die Spielwelt fahren um nach neuen Hinweisen zu suchen. Auf dem Weg sammelt man dann Ressourcen, die einen diverse Rätsel lösen lassen oder ihn erlauben Feuer zu machen um sich warm zu halten (und das Spiel zu speichern). Diese Freiheit ist Konas größte Stärke, denn ich hatte nie das Gefühl die gewollte Sequenz der Geschichte zu brechen. Die Erzählung fühlte sich trotz allem organisch an und funktionierte weitestgehend großartig. Das ich nicht an der Hand von Sequenz zu Sequenz geleitet wurde, trug viel zur Atmosphäre bei.

Auch die Elemente des Survival-Genres, waren nie zu ablenkend. In Spielen wie The Long Dark störe ich mich oft daran, dass mich eine Hunger-, Durst- oder Temperaturanzeige an der Erkundung der Spielwelt behindern. In Kona wurden diese Elemente allerdings auf ihr nötigstes reduziert, sodass sie sich sauber in das Spielgeschehen einfügen ohne dem inneren Entdeckertrieb in die Quere zu kommen. Fans von Survival-Spielen wird dies zu simpel erscheinen und womöglich enttäuschen, für mich war es allerdings gerade die ideale Menge um mich tiefer in das Geschehen eintauchen lassen zu können, ohne das es sich wie eine unproduktive Beschäftigung anfühlt.

Die Atmosphäre, die Kona mit diesen Elementen erzeugt ist großartig. Die Welt ist gefüllt mit kleinen Details, die voller Leben stecken und den Spieler dazu animieren jede Ecke mehrfach anzuschauen. Kona lässt den Spieler wirklich zu einem Privatdetektiv in den 70ern, der sich in einer gefährlichen Situation befindet, werden. Die Geschichte, die der Spieler in den rund 4-5 Stunden Spielzeit erlebt, bleibt so spannend bis zum Schluss. Oder eher spannend bis kurz vor dem Schluss.

Denn wie detailreich der Kern von Kona ist, so leer fühlt sich Konas Ende an. Das Konzept von Konas Ende gefällt mir sehr und passt an und für sich prima in die restliche Geschichte. Die Art und Weise wie die letzten 30 Minuten sich allerdings präsentieren, funktioniert leider weit schlechter als der Rest des Spiels. Vom Erzähler bekommt man plötzlich die Auflösung vor die Nase geknallt und muss im Anschluss eine frustrierend langweilige Gameplaysequenz überleben. Im Vergleich zum Rest des Spiels fühlt sich dieser Teil überstürzt und undurchdacht an. Das Ende allein zieht so leider das positive Gesamtbild für mich etwas herunter.

Nichtsdestotrotz ist Kona im allgemeinen ein sehr gutes Adventure. Die Spielwelt ist interessant, die Geschichte (größtenteils) spannend und die Atmosphäre einzigartig umgesetzt. Die Art und Weise, wie Kona eine starre Geschichte mit einer frei begehbaren Welt verbindet ist Klasse und ein gutes Vorbild für Genre-Kollegen, die oft für ihre Gameplay-Armut kritisiert werden. Hätte Kona das Ende besser umgesetzt, wäre das Spiel für mich eine leichte Empfehlung für alle Adventure-Fans. So wie es ist, tue ich mich allerdings etwas schwer damit. Ich bin sehr gespannt auf die nächsten Spiele im Kona Universum und wer über kleine Story-Schwächen hinweg sehen kann der soll schon jetzt zuschlagen. Für alle anderen: Vielleicht doch erst einmal abwarten bis zum nächsten Teil.

Preis: 19,99€

Link zur Steam-Seite von Kona:
https://store.steampowered.com/app/365160/

Link zur GoG-Seite von Kona:
https://www.gog.com/game/kona_day_one