Just Feel: Sex in Videospielen

Durch das kürzlich erschienene Mass Effect: Andromeda ist die Debatte um Sex und dessen Darstellung in Videospielen wieder etwas entfacht. Die Mass Effect Serie bzw. der Großteil der Spiele des Entwicklerstudios Bioware waren schon immer Videospiele, die großen Wert auf die Charakterisierung und Vermenschlichung ihrer virtuellen Figuren gelegt haben. Sie wollten erreichen, dass die Spieler eine emotionale Bindung mit ihren Charakteren aufbauen. Die persönliche Geschichte zwischen virtuellen Charakteren und dem Spieler führt dann am Ende oftmals zu körperlicher Intimität. Aber die Art und Weise wie Mass Effect und Videospiele im Allgemeinen diese Intimität behandeln, wirkt auf mich oft sehr gestelzt und steht stark im Kontrast zu der grandios ausgeführten restlichen Geschichte des jeweiligen Spieles. Aber warum ist das so?

Vorneweg gesagt, ich möchte mit diesem Text die Sex-Szenen diverser Spiele nicht herunterziehen. Sie stören mich auch nicht auf einem persönlichen Level. Im Gegenteil: Sie machen ja auch irgendwo Spaß und dienen oft als eine Gameplay-Belohnung für eine abgeschlossene Quest-Reihe. Wenn ich in Mass Effect also Sex mit einem Alien haben darf, weil ich während meiner Spielzeit immer die „richtigen“ Antworten gegeben habe ist das prima und amüsierend wenn die Szene dann in solch einem Beispiel endet:

Worauf ich mit diesem Text eher aufmerksam machen möchte, ist die Albernheit der Mechaniken und der visuellen Darstellung, die hinter Sex-Szenen in Videospielen stehen.

Videospiele sind wahnsinnig gut darin bestimmte Konzepte und Systeme in abstrakter Form darzustellen. Sie können dem Spieler eine andere Identität geben und ihn tiefer in die dargestellte Geschichte eintauchen lassen, als es in einem anderen Medium möglich wäre. Aber wenn es um Sex geht scheitern sie ständig. Meiner Meinung nach kommt dieses Scheitern unter anderem dadurch, dass Videospiele mit Sex explizit und realistisch sein wollen, anstatt das dahinterliegende Gefühl und eine gewisse Ästhetik zu abstrahieren.

Es gibt hierfür unzählige Beispiele: GTA, Fahrenheit, Heavy Rain, God of War, Duke Nukem, The Witcher usw. Alle Spiele stellen Sex in einer Art und Weise dar, die zwar amüsierend ist, allerdings Elemente wie Flirten, Verführung, Spannung, Klimax, Fürsorge und Intimität in einer Beziehung, vernachlässigen. Für diesen Text bleibe ich aber zunächst bei Mass Effect. Mass Effect im speziellen leidet nämlich unter dieser expliziten Darstellung, da die Motivationen der Charaktere und deren Beziehung zueinander weitestgehend sehr ausgereift ist und Schwarz/Weiß Denken vermeidet. Nur wenn es dann um Sex geht, verkommt diese Reife dann zu einer binären Dialog-Auswahl. Natürlich sind Zeit, Geld und Ressourcen oftmals der Grund für diese Vernachlässigung. Es ist schließlich viel simpler und für den durchschnittlichen Spieler interessanter, diesen Aufbau einer Beziehung hinter einer Loyalitäts-Mission zu verstecken, die unter anderem auch mindestens einen Kampf gegen böse Aliens beinhaltet.

Eine virtuelle Beziehung als realistisch darzustellen ist schwierig, das ist mir klar. Viele, vor allem japanische, Videospiele versuchen dem mit sogenannten „Skinship“ Spielen entgegenzuwirken. Ein bekanntes Beispiel für solche „Skinship“-Elemente, aus kürzlich vergangener Zeit, ist Fire Emblem: Fates. In Fire Emblem für den 3DS drückt der Spieler mit seinem Stylus auf dem Bildschirm um Kontakt mit seinem virtuellen Beziehungspartner zu bekommen. Ob diese Mechanik zum Ziel führt, ist für mich persönlich fraglich. Dennoch ist es ein Anfang eine Sprache zu finden, die Intimität in Videospielen ausdrücken kann. Im Vergleich zu Mass Effect besteht hier immerhin ein gewisser Grad von Betroffenheit und Integration des Spielers zu seiner virtuelle Identität.

Die Schwierigkeit Sex auf eine subtile Art und Weise in einem Medium darzustellen ist nicht ein Videospiel-exklusives Problem. In Videospielen wird dies allerdings verstärkt, da sie traditionell eher von jüngeren Menschen konsumiert werden. Mit dem Reifen des jungen Mediums und der Industrie als Gesamtes, sollte aber früher oder später ein Weg gefunden werden um auch dieses Thema darzustellen, ohne das Spieler kollektiv die Augen rollen oder in sich hinein kichern müssen. Betrachten wir nämlich Filme als Medium. Ebenso wie in Videospielen, ist auch Sex in Filmen nicht realistisch. Aber das muss es auch nicht sein, denn das Medium Film hat über die Jahre eine Bildsprache entwickelt, die unsere Erwartungshaltung von realistischem Sex austrickst und auf eine abstrakte Art und Weise den Inhalt wiedergibt ohne explizit zu sein.

Ein Videospiel, dass ich kürzlich entdeckt habe ist Just Feel. Es ist ein Projekt von 7 Studenten, die die Thematik von Sex auf eine Quintessenz abstrahiert haben. Hier ist die Spielwelt, in der man sich bewegt ein weiblicher Körper. Der Spieler steuert eine Hand, die bestimmte Zonen auf dem Körper streichen muss um sie zu „aktivieren“. Als Feedback wird der Spieler mit Vibration des Controllers belohnt. Natürlich ist diese Darstellung von Sex schwierig mit der von Mass Effect zu vergleichen, da der Hauptfokus von Mass Effect nicht auf dem Sex selbst liegt. Allerdings lehrt uns Just Feel etwas über den Vorteil von Abstraktion gegenüber Realität. Das abstrakte Gameplay in Just Feel gibt dem Spieler nämlich ein weit intimeres Feedback mit der Spielwelt als es Mass Effect kann. Sex wird in Just Feel nämlich nicht als Gameplay-Belohnung oder amüsierendes Mittel explizit gezeigt, sondern es versucht den Spieler die körperliche Spannung und Intimität als Teil von Sex fühlen zu lassen.

Große Spiele wie Mass Effect streben stets nach Realismus und glaubwürdigen Charakteren und Beziehungen. Solche Spiele laufen aber Gefahr sich von dem Realismus gefangen halten zu lassen. Videospiele haben es nicht nötig alle Facetten menschlicher Beziehungen realistisch darzustellen. Sie haben aber die Möglichkeit intime Momente in abstrakter Form zu zeigen und den Spieler teilhaben zu lassen, sodass der Effekt auf den Spieler größer ist als es mit visuell expliziten Realismus jemals möglich wäre. Realismus und Abstraktion sind also Werkzeuge für Videospiele um eine Geschichte zu erzählen. Es muss sich dabei nicht für eine Seite entschieden werden, sondern beiden können gezielt eingesetzt werden um eine Sprache zu finden, die Spieler verstehen und fühlen können.

Wie diese Sprache letztlich aussieht, weiß ich nicht. Es ist aber nötig zu erkennen, dass Realismus in Videospielen auch seine Grenzen hat. Ich hoffe für die Zukunft, dass unter anderem Bioware aus dem Feedback seiner Spieler lernt und menschliche Beziehungen auch in ihren intimsten Momenten glaubhaft zeigen kann. Nur dann können Videospiele als Träger einer glaubhaften und erwachsenen Geschichte weiter wachsen.

Eine Zusammenfassung von diesem Text mit visueller Untermalung von Just Feel, findet ihr auf meinem YouTube Kanal:

Downloadlink Just Feel:

https://amelieby.itch.io/just-feel

 

Sara is Missing: Kitschiger Handy Horror

Handy-Spiele haben in der Videospielgemeinschaft oft den Ruf schädlich für traditionelles Gaming und Innovation zu sein. Es gibt eine Vielzahl von Spielen, die dies widerlegen. Sara is Missing von Kaigan Games ist ein Beispiel, wie das Format von Handy-Spielen eine ganz spezielle Atmosphäre und Spielerinteraktion bieten kann.

Sara is Missing versetzt den Spieler in die Rolle einer Person, welche das beschädigte Handy von Sara gefunden hat. Nach Wiederherstellung des Betriebssystems interagiert der Spieler mit der künstlichen Intelligenz IRIS und findet so heraus, dass die letzten Lebenszeichen von Sara darauf hindeuten, dass sie in Gefahr ist. Zusammen mit IRIS durchsucht der Spieler daraufhin E-Mails, Nachrichten, Videos und Bilder auf Saras Handy um die Hintergrundgeschichte Stück für Stück zusammen zu puzzeln. Dabei schafft es Kaigan Games die Geschichte trotz einiger vorhersehbaren „Trash-Horror“-Elemente in ein Paket zu schnüren, dass den Spieler dazu animiert tief in die Privatsphäre von Sara einzutauchen um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Dies schafft Sara is Missing vor allem durch die grandiose Präsentation, die die Spielwelt zu einem „echten“ Mobiltelefon macht. Die FMV-Sequenzen, Bilder und Textnachrichten von Sara und ihren Freunden verleihen dem Spiel dabei ein einzigartiges Spielgefühl.

Das Horrorgenre spielt oft mit den Erwartungen seines Publikums, indem es Elemente aus dem echten Leben packt und diese auf eine mysteriöse und/oder bedrohliche Art und Weise darstellt. Eine knarrende Tür, der flüsternde Wind oder – wie in Sara is Missing – eine zu menschliche künstliche Intelligenz, spiegeln bekannte Elemente plötzlich in einem beunruhigenden Licht wider. Sara is Missing bietet keine bahnbrechende Horrorgeschichte. In Wirklichkeit ist der Plot etwas kitschig und klischeebeladen. Die Verpackung und die Art und Weise, wie dieser Plot erzählt wird, ist allerdings was Sara is Missing besonders macht. Dadurch, dass ich als Spieler nach und nach die Elemente aus dem Telefon einer verschwundenen Person herausziehe, fühle ich mich weit mehr betroffen als es in einem Horrorfilm möglich wäre.

Wer einen Eindruck von der PC-Version von Sara is Missing bekommen möchte, findet mein Video dazu auf meinem YouTube-Kanal.

Sara is Missing ist allerdings auch auf iOS und Android verfügbar und sollte auch bevorzugt auf dieser Platform gespielt werden. Mehrere Durchgänge sind zu empfehlen, da Sara is Missing dem Spieler Freiheiten in seinen Entscheidungen bietet, die zu unterschiedlichen Dialogoptionen und Enden führen können.

Titel: Sara is Missing

Entwickler: https://kaigangames.com/#post-89

Downloadlinks:

PC https://saraismissing.itch.io/sim

Android https://play.google.com/store/apps/details?id=com.accurve.game23

iOS https://itunes.apple.com/my/app/sara-is-missing/id1181038779?mt=8&ign-mpt=uo%3D8

Glitchhikers: Der Weg ist das Ziel

Mit Sacramento und 2:22 AM habe ich auf meinem bereits Videospiele vorgestellt, die versuchen das Gefühl eines Traumes festzuhalten. Glitchhikers fällt thematisch in eine ähnliche Sparte, wurzelt sich allerdings in der Realität und präsentiert dem Spieler eine introspektive Erfahrung.

Glitchhikers, von Silverstring Media, ist ein schläfriges Abenteuer. Unter dunklem Sternenhimmel, fährt der Spieler müde blinzelnd, eine kurvige, lange Straße entlang. Nur die Stimme des Radiomoderators und die Töne des fantastischen Soundtracks leisten einem Gesellschaft. Dieses Setting stellt die nächtliche Erfahrung von einsamen, tiefgehenden Gedanken ideal dar. Der Spieler hat zwar ein Stück weit Kontrolle über sein Auto, ist eher fixiert auf seine Gedanken. Es gibt keine Möglichkeit einen Unfall zu bauen oder komplett still zu stehen. Es gibt genug Kontrolle um dem Spieler deutlich zu machen, dass er nicht komplett von seinen Träumen eingenommen wurde und genug surreales um ihn herum, das es nicht abwegig ist die Realität in Frage zu stellen.

Während das Autofahren den Spieler in die Realität der Spielwelt festhält, ziehen die diversen Anhalter in Glitchhikers den Spieler wieder heraus und animieren ihn dazu tiefer in seinen eigenen Geist zu blicken. Die Gespräche mit den Anhaltern lösen eine Traumlogik aus indem sie bizarre Szenarien darstellen, die übergreifend in eine ätherische Thematik zusammenlaufen.

Der erste Song in Glitchhikers wird dem Künstler David Lynch zugeschrieben. Wer vertraut ist mit den Filmen des Regisseurs, wird die Ästhetik in Glitchhikers sofort wiedererkennen. Albtraumhafte, surrealistische Bilder mit bedrohlich, mysteriösem Sounddesign gepaart mit fremden Welten und einem Hauch von Voyeurismus sind Themen, die sowohl David Lynch, als auch Glitchhikers beschreiben.

Jeder der Glitchhikers selbst ausprobieren möchte, sollte dies bei Nacht tun um den Mythos einer einsamen, nächtlichen Autofahrt weiter zu unterstreichen. Glitchhikers ist gratis herunterzuladen, bietet allerdings auch die Möglichkeit zum Kauf einer Premium-Version, die den Soundtrack mit beinhaltet.

Videoimpressionen findet ihr auf meinem YouTube-Kanal:

Titel: Glitchhikers

http://glitchhikers.com/download/

Entwickler: Silverstring Media

http://silverstringmedia.com/

https://twitter.com/Slvrstrng

Musik: Devin Vibert

https://thebluesun.bandcamp.com/

From Darkness: Eine Reise nach Afrika

Videospiele als Träger einer Geschichte, sind aufgrund ihrer technischen Vielfalt an keine spezielle Form oder Struktur gebunden. Sie erlauben es Menschen eine Geschichte zu erzählen, die ihr Publikum aktiv miteinbezieht indem es ihm die Kontrolle überlasst. From Darkness des österreichischen Studios goldextra nutzt diese Chance um dem Spieler einen realen und wichtigen Einblick in wenig bekannte Fakten zu geben.

From Darkness ist ein interaktiver Dokumentarfilm, der in und rundum die Hauptstadt Kenyas, Nairobi, stattfindet. In der Rolle einer besorgten Mutter, die auf der Suche nach ihrer verlorenen Tochter und Journalistin ist, erkundet man während seiner Reisen nicht nur Nairobi selbst, sondern auch die umliegenden Dörfer und Slums. Hier trifft der Spieler auf eine Vielzahl von Einwohnern, Straßenkindern, Helfern und Flüchtlingen, die Geschichten erzählen, welche in den Nachrichten oft in Vergessenheit geraten. Um dem Spieler diese Erfahrung nahe zu bringen, war das Entwicklerstudio goldextra selbst auf Reisen in Kenya und Uganda. Hier haben sie über 60 Stunden Videomaterial, Interviews und Fotos aufgenommen, welche die Spielwelt von From Darkness wie eine Collage bilden.

Die Vielfalt an Bildern und Videos, die über die gesamte Spielwelt gekleistert sind, überwältigen den Spieler gerade zu. Dies ist sicher stilistisch gewollt um die Masse an Geschichten und Schicksalen, die in der Regel nicht öffentlich beleuchtet werden, zu unterstreichen.

Das Team von goldextra verzichtet weitestgehend auf eine übergeordnete Erzählung. Der Punkt den From Darkness machen will, ist die Menschen selbst mit dem Spieler sprechen zu lassen. From Darkness soll die Reise des Filmteams nach Afrika und deren Erfahrungen widerspiegeln. Nicht das Spiel oder ein allwissender Erzähler hat die Stimme in From Darkness. Die Geschichte wird von den betroffenen Menschen selbst erzählt. Der Spieler entdeckt dabei lediglich mehr und mehr Schichten von Erinnerungen, Träumen und politischem Kontext. Das Spiel soll dem Spieler eine Möglichkeit geben, sich eine Meinung zu bilden um sich anschließend selbst zu fragen: „Warum wird hierüber nicht mehr berichtet?“.

Nach Ende des zweiten Weltkrieges ist der zweite Kongokrieg der Konflikt mit den meisten Todesopfern. Hochrechnungen gehen von mehr als drei Millionen direkten und indirekten Kriegsopfern in einem Zeitraum von 5 Jahren aus. From Darkness lenkt die Aufmerksamkeit des Spielers genau auf solche unpopulären Fakten, die wir als Europäer nur selten hören.

Wer einen Eindruck von From Darkness erhalten will findet ein Video auf meinem YouTube-Kanal:

Titel: From Darkness

https://goldextra.itch.io/fromdarkness

https://www.fromdarkness.net/

Entwickler:

gold extra

https://goldextra.com/

Fruits of a Feather: ♫ Come fly with me ♫

Videospieler sind es gewohnt in einen Sammelwahn zu verfallen. Spiele wie Banjo and Kazooie oder auch das in den Startlöchern stehende Yooka-Laylee werden scherzhaft auch als „Collectathon“ betitelt. Das ein Spielprinzip, welches auf dem Sammeltrieb des Spielers basiert ist, auch noch heute funktionieren kann hat zuletzt Ubisofts Grow Home und dessen Nachfolger Grow Up bewiesen. Stärker noch, diese Spiele können eine Form von Entspannung und purem „Zen“ liefern, welches anderen Genres oft verwehrt ist. Keine drückende Gefahr von Feinden, einzig der Fokus sich in einer Welt zu verlieren und diese zu erkunden. Noch besser wenn der Avatar des Spielers eine Persönlichkeit aufweisen kann, die puren Spaß macht zu steuern.

Fruits of a Feather von Samurai Punk schlägt genau in diese Kerbe und liefert dem Spieler eine tief entspannende Erfahrung. Wer sich schon immer, wenn auch nur für einen Moment, frei wie ein Vogel fühlen wollte, für den ist Fruits of a Feather genau das richtige. Der Spieler übernimmt die Kontrolle eines Vogels, der die auf einer Insel verteilten 192 Früchte sammeln muss. Inmitten einer mit wenigen Polygonen besetzten Spielwelt, erkundet man Höhlen, Berge, dichte Wälder oder man lässt sich einfach davon gleiten.

Die Spielwelt ist nicht sonderlich groß, aber das muss sie auch nicht sein, denn für einen kleinen Vogel fühlt sich die Insel riesig an. Alle Früchte zu sammeln kann einen unter Umständen durchaus viel Zeit kosten. Nachdem ich mich an die Steuerung gewöhnt habe, gab es einige Momente in denen ich mein Ziel vergessen habe und mich einfach nur treiben lassen wollte. Während das Sammeln der Früchte dem Spieler ein Ziel gibt, stammt ein großer Teil der Freude schlicht aus der Erfahrung fliegen zu dürfen. Die entspannende Musik unterstreicht dabei das unbekümmerte Gameplay und lässt den Spieler tiefer in eine fast meditative Erfahrung eintauchen.

Wer Fruits of a Feather selbst ausprobieren möchte, bringt am besten einen Controller mit und startet den Download auf Itch.io.

Meine Eindrücke findet ihr aber auch in Videoform auf meinem YouTube-Kanal.

TitelFruits of a Feather 

https://samuraipunk.itch.io/fruits-of-a-feather

Entwickler:

Samurai Punk

http://samuraipunk.com/

https://twitter.com/samuraipunkco

Musik:

Skeletone Audio

https://mitchellpasmans.bandcamp.com/album/fruits-of-a-feather-ost

Off-Peak: Endstation Ambiguität

Streetart ist eine nichtkommerzielle Form von Kunst im öffentlichen Raum. Die Absicht von Streetart Künstlern ist oftmals die Kommunikation mit einem weitem Personenkreis und die Hinwegsetzung der Privatisierung urbaner Räume. Im Ursprung ist Streetart eine jugendliche Ablehnung von Kapitalismus und der Konsumgesellschaft. Diese kulturelle Identität wird allerdings zunehmend von Konzernen zum sogenannten Guerilla-Marketing missbraucht, was in der Kunstszene stark kritisiert wird. Dieser Konflikt zwischen freier künstlerischer Ausdrucksform und Kommerzialisierung ist ein Thema, dass von Off-Peak durchleuchtet wird.

Off-Peak wurde entwickelt von Greg Heffernan (Cosmo D), Cellist des elektronischen Musiktrios Archie Pelago. Der Schauplatz von Off-Peak ist ein, von New York City’s Grand Central Station inspirierter, Bahnhof . Ein Bahnhof ist ein Ort an dem Menschen auf Reisen gehen. Gleichzeitig ist es ein Ort in dem verschiedenste Gruppen aufeinander treffen: Punks und Bänker, Pfarrer und Atheisten oder Kunst und Kommerz. Der Bahnhof in Off-Peak platzt dabei fast aus allen Nähten vor Kunstwerken. Abstrakte Architektur, bunte Wandgemälde und Straßenmusikanten gibt es hier an jeder Ecke. Jeder Raum in Off-Peak stellt eine neue künstlerische Idee dar. Interessant ist, dass Entwickler Greg Heffernan gelernter Cellist ist und erst spät in die Entwicklung von Videospielen eingestiegen ist. Off-Peak bietet somit auch eine interessante Perspektive wie ein Musiker sich im Medium Videospiel ausdrückt. Untermalt wird dieses Bahnhofsmuseum nämlich durch die chilligen, elektronischen Töne von Archie Pelago.

Der Spieler erhält zu Beginn des Spiels die Aufgabe die Einzelteile eines zerrissenen Zugtickets zu sammeln. Eine perfekte Entschuldigung alle Schauplätze von Off-Peak zu durchsuchen und sich mit den Bewohnern der Spielwelt zu unterhalten. In diesen Unterhaltungen wird dann die Intention des Spieles klar. Die Dialoge in Off-Peak sind sehr tieffühlende Interaktionen zwischen Personen mit Träumen und Bedürfnissen, die lernen sich mit ihrer Umwelt in Einklang zu bringen. An der Spitze des Bahnhofes steht der Kurator, der damit protzt wie viele Geschäfte einen Platz in seinem kunstvollen Bahnhof haben möchten, was ein starken Kontrast zum Ursprung von Streetart darstellt. Diese Spannung zwischen unterschiedlichen Perspektiven von Menschen am selben Ort zur selben Zeit ist der Klebstoff, der die einzelnen Vignetten in Off-Peak miteinander verbindet. Eine klare Antwort gibt es auf diese Frage nicht, nur eine Vielzahl von Perspektiven, die jeder für sich selbst interpretieren kann.

Cosmo D erzählt mit Off-Peak keine Geschichte über große Ideen. Off-Peak handelt von Menschen, die über ihre Gemeinsamkeiten oder auch ihre Unterschiede eine Bindung zueinander erhalten. Das Spiel kreiert die Geräuschkulisse einer Großstadt und lädt den Spieler dazu ein, einen kleinen Blick in die Welt und dessen Bewohner zu werfen.

Wer selbst einen Blick auf Off-Peak werfen möchte, kann dies durch ein Download von Steam oder Itch.io tun. Wer selbst nicht spielen möchte, aber trotzdem neugierig geworden ist, kann meine Eindrücke zum Spiel auch in Videoform auf meinem YouTube Kanal finden:

Titel: Off-Peak
http://store.steampowered.com/app/467360/
https://cosmoddd.itch.io/off-peak

Entwickler:
Greg Heffernan (Cosmo D)
http://cosmod.net/

Musik:
Archie Pelago
http://archiepelago.com/

Slave of God: Delirium im Club

Es ist Freitag, die Nintendo Switch Präsentation ist vorbei und wir haben alle ein Grund zum feiern. Wer aber lieber nüchtern bleiben will und die Erfahrung einer durchzechten Nacht im Club in den eigenen vier Wänden erleben will, dem rate ich Slave of God an. Epileptiker seid gewarnt, denn eine Überstimulation der Synapsen ist in Slave of God garantiert.

Slave of God ist ein experimentelles Videospiel von Stephen Lavelle, der dem ein oder anderen vom Puzzlespiel Stephen’s Sausage Roll ein Begriff sein könnte. Slave of God ist ein Spiel über den Besuch eines Clubs. Desorientierung durch Überreizung aller Sinne ist dabei das zentrale Thema.

Wer schon einmal zu benebelt in einem lauten Club war, dem wird Slave of God einige Erinnerungen wach rütteln.

Der Spieler startet Slave of God am Eingang des Clubs zusammen mit seinem Freund, der scheinbar viel nüchterner ist als wir selbst. Unser Freund rennt uns voraus und wir sind auf uns selbst angewiesen um uns in der lähmenden Umgebung von donnernden Bässen und grellen Neonlichtern zurecht zu finden. Wir folgen unseren Freund, der sich neben die Tanzfläche setzt und wir nehmen einen Moment Ruhe um unsere Sinne zu sammeln. Das Erste was wir machen ist uns und unserem Freund ein Getränk an der Bar zu holen. Wir nehmen ein paar Schlücke, aber merken schnell, dass das nicht förderlich für unsere Wahrnehmung ist. Unser Freund ist in seinen eigenen Gedanken vertieft, weshalb wir uns dazu entschließen neue Freunde zu finden. Mit dem neu angetrunkenem Mut schauen wir uns im Club um und versuchen ein Gespräch mit jemand zu beginnen. Mit guten Intentionen treten wir an ihn heran, die Musik donnert aber zu hart, sodass wir nur Fetzen der Konversation ausmachen können. Wir versuchen ein weiteres Gespräch zu beginnen, aber auch hier ist das Gespräch hoffnungslos und ähnelt eher einem Autounfall als einer Konversation.

Uns bleibt also nur eins übrig: Wir begeben uns auf die Tanzfläche. Keine Sekunde vergeht und unsere Augen fixieren sich auf eine bestimmte Person von der wir den Blick nicht mehr lassen können. Gespräche sind unnötig, wir fühlen nur noch die Musik und sehen einzig und allein diese eine Person. Wir tanzen mit unseren Blicken aufeinander fixiert. Die Wahrnehmung von Zeit und Raum verschwimmt. Sind wir hier schon Stunden oder erst Minuten? Egal, unser Herz schlägt höher.

Zusammen tanzen wir bis wir die letzten Personen im Club sind. Die grellen Lichter des Clubs verdunkeln sich, die Musik verliert an Hektik. Unsere Sinne sind nun endgültig am Ende. Es gibt nur noch zwei Wege: Weiter trinken oder nach Hause gehen. Die Orientierung fällt uns dabei schwer. Wir torkeln durch den düster gewordenen Club auf der Suche nach dem Ausgang. Unser Freund, mit dem wir gekommen sind, ist schon lange ohne uns gegangen. Wir verlassen den Club und endlich können wir uns ausruhen. Unsere Sinne kehren zurück und die Sonne geht auf. Was für eine Nacht.

Slave of God ist eine fast schon psychedelische Erfahrung, welche den Trip in den oder eher den Trip im Club auf eine bizarre visuelle und aurale Art und Weise darstellt. Besonders interessant fand ich den gewollten Mangel an Direktion für den Spieler. Slave of God erzeugt eine gewollte Desorientierung in seiner Spielwelt und macht den Besuch im virtuellem Club zu einem ähnlich auslaugendem Erlebnis wie im echten Leben.

Wer meinen Durchgang zu Slave of God sehen möchte, kann dies auf meinem YouTube Kanal tun.

Im Video habe ich einzelne Interaktionen nicht beachtet, sodass sich ein Download für eure eigene Erfahrung lohnt, sofern ihr Interesse an dem Spiel habt.

Titel: Slave of God

Entwickler: Stephen Lavelle (@increpare // www.increpare.com)

Downloadseite: http://www.increpare.com/2012/12/slave-of-god/

2:22 AM: Der Halbschlaf vor dem Fernseher

Seit ihr schon einmal vor dem Fernseher eingeschlafen? Leise flackert die Röhre im Hintergrund, ihr driftet in den Halbschlaf und verbindet Traum mit den Geräuschen und Bildern der Realität. Der Traum wirkt noch surrealer als er es sonst schon ist und ihr wisst kurzzeitig nicht mehr was Echt ist und was nicht. Ihr wacht auf, ein Blick auf den Wecker: 2:22 Uhr. 2:22 AM von Albert Lai (@albonkulous) versucht genau dieses Gefühl in Videospielform festzuhalten.

2:22 AM präsentiert sich in Vignetten, die Gameplay, reale Videos und kurze Texte miteinander verbinden. Mal schaufelt ihr unter dem Licht des Mondes ein Grab, dann seht ihr ein Videoclip einer Dusche nur um als nächstes ein Spiegelei in der Pfanne anzubraten. Dieser Mix zwischen alltäglichen Aktivitäten und düsteren Momenten wird untermalt von einer rauschenden, 4:3 VCR Ästhetik, die die verträumte Mitternachtsstimmung nur noch weiter unterstreicht.

Interessant ist, dass die Vignetten, die ihr dem ca. 20 Minuten langen Spiel seht, mal mehr und mal weniger zufällig generiert sind. Wie in einem sich wiederholendem Traum erkennt ihr bei mehrmaligem Durchspielen bestimmte Themen und Muster während gewisse Details sich verändern können. So war ein Kühlschrank während meinem ersten Durchgang noch leer nur um beim zweiten Durchspielen mit dem Mond gefüllt zu sein. Und manchmal ist der Mond rund, ein anderes mal eckig. In einem Traum existiert nur ein Hauch von Logik, was 2:22 AM fantastisch emuliert.

In einem anderen Blogeintrag habe ich Sacramento vorgestellt, welches die ätherische Seite eines Traumes darstellt. 2:22 AM beleuchtet eher die unheimliche, finstere Facette eines Traums. Es ist kein Horrorspiel, allerdings fühlt es sich permanent erdrückend an, wodurch es eine Art Alptraum widerspiegelt. Das ist eine Art von Horror, die ich sehr mag. Keine plötzlichen, lauten Geräusche, die einen erschrecken und auch keine Massen an Blut oder Gedärmen, sondern einzig das unbehagliche Gefühl das etwas nicht stimmt.

2:22 AM ist eine kurze Erfahrung, die ihr selbst ausprobieren könnt. Folgt am besten der Beschreibung des Spiels auf der Downloadseite und spielt es alleine und bei Nacht.

Wer um diese Uhrzeit allerdings zu müde zum Lesen ist, kann meinen Kommentar auch in Videoform auf meinem YouTube Kanal sehen.

Titel: 2:22 AM

Entwickler: Albert Lai (@albonkulous)

Download: https://robocicero.itch.io/222am

Paper Brexit: Die dystopische Gegenwart

Allen noch ein frohes neues Jahr! 2016 ist vorbei, viel gutes und viel schlechtes ist passiert und mit der Wahl zum Wort des Jahres sind wir nun offiziell im „postfaktischem“ Zeitalter angekommen. Und mit der gestrigen goldenen Dusche, die der zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten, von den Medien und Geheimdiensten erfahren hat gibt es kaum einen besseren Zeitpunkt einen Rückblick auf Paper Brexit von Greg Buchanan (@gregbuchanan) zu werfen.

Paper Brexit ist eine interaktive Kurzgeschichte, welche vor der Abstimmung des britischen Referendums und vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl erstellt wurde. Der Autor selbst beschreibt Paper Brexit als einen surrealen, alptraumhaften Ausdruck seiner Gefühle zur Situation der isolationistisch geprägten politischen Diskussion. Paper Brexit begann als eine leichtherzige Parodie auf die guten alten Zeiten in der das Vereinigte Königreich noch ohne der bösen Einmischung der EU blühen konnte. Je näher wir aber Abstimmung des Referendums kamen, desto dystopischer wurde sein Schreibstil. Das Resultat ist ein düsterer Blick auf ein dystopische Fantasie, welche der der Realität fast schon zu nah kommt.

Die Geschichte von Paper Brexit findet in einer Welt statt, in der eine rechte Regierung an der Macht des Vereinigten Königreiches und Donald Trump der Präsident der Vereinigten Staaten ist. Paper Brexit spricht über „postfaktischer“ Berichterstattung, Angst und Fremdenhass und gibt dem Spieler dabei Dialogoptionen, die einen depressiv werden lassen. Untermalt wird das ganze durch den erdrückenden Sound von Seb J. J. Peters, welcher die unheimliche Realität noch deutlicher unterstreicht. Es ist selten, dass ein Videospiel einen solch direkten Kommentar zu einem politischem Thema macht und sollte allein deswegen auf jeden Fall einmal gespielt werden.

Da die Geschichte sehr kurz ist rate ich jedem an Paper Brexit einfach selbst einmal zu probieren. Wer allerdings die ersten Minuten mit meinem Kommentar sehen möchte, bevor er den (kleinen) gratis Download startet kann dies auf meinem YouTube Kanal tun:

Titel: Paper Brexit

Autor: Greg Buchanan (http://gregbuchanan.co.uk/)

Music: Seb J. J. Peters

Download: https://gregbuchanan.itch.io/paper-brexit

Sacramento: Ein Traum zum spielen

Illustratorin und Entwicklerin von Sacramento, Delphine Fourneau, beschreibt dieses Projekt selbst als ein Spiel, dass darum geht flüchtige Erinnerungen festzuhalten, bevor diese ins Nichts verschwinden.

Der Spieler findet sich zu Beginn des Spiels an Bord eines Zuges wieder. In der Ego-Perspektive schaut er aus dem Fenster, bis die Glocken schellen und ihn eine traumhafte, vage Landschaft setzen, die es zu entdecken gilt. Diese Landschaft wird eindrucksvoll in dem Stil eines Wasserfarbgemäldes dargestellt. Die Welt von Sacramento ist dem Spieler offen. Man sucht sich eine Richtung aus und entdeckt wie die irreale Welt auf einen wirkt.

Video-Impressionen zu meinem Durchgang findet ihr auf meinem YouTube Kanal:

Sacramento ist basiert auf Skizzen, die Illustratorin Delphine Fourneau, selbst angefertigt hat. Diese Skizzen erschaffen eine simple, aber Gleichzeitig umfassende Spielwelt. Der Spieler wird nicht durch Mechaniken gefordert, wird aber durch die märchenhafte Welt dazu animiert auf Erkundungstour zu gehen. So erkennt man in der Ferne oft nur schwach ein Objekt, dass sich erst bei näherer Betrachtung zu etwas greifbarem formt. Untermalt wird das Ganze durch den atmosphärischen Soundtrack von Glass Body. Wie in einem Traum, ist die Zeit in der Welt von Sacramento jedoch begrenzt und lädt einem zu mehreren Durchgängen ein.

Wer sich von Sacramento angesprochen fühlt, sollte es unbedingt einmal selbst probieren. Der Link zum Download ist hier. Außerdem rate ich jedem, der das Design von Sacramento ansprechen findet, dazu einen Blick auf die Projektseite der Entwicklerin zu werfen: http://www.dziff.com/. Hier findet ihr einige ihrer ansprechenden Illustrationen und Videospielprojekte.